Seit dem 15. Januar 2025 wird die elektronische Patientenakte (ePA) bundesweit für alle gesetzlich Versicherten automatisch eingerichtet. Ziel ist es, medizinische Informationen digital zu bündeln, zugänglich zu machen und die Versorgung zu verbessern. Doch was bedeutet das in der Praxis? Welche Rechte und Pflichten haben gesetzlich Versicherte? Und wie viel Kontrolle behält man über die eigenen Gesundheitsdaten?
In diesem Beitrag erklären wir, was Sie zur ePA als gesetzlich Versicherte*r wissen sollten – sachlich, verständlich und mit Blick auf das, was Sie können, dürfen oder aktiv ablehnen müssen.
🔄 Automatische Einrichtung – ePA ohne aktive Zustimmung
Im Rahmen des sogenannten Opt-out-Modells wird Ihre ePA automatisch durch Ihre gesetzliche Krankenkasse eingerichtet, ohne dass Sie aktiv zustimmen müssen. Wenn Sie das nicht möchten, müssen Sie aktiv widersprechen – direkt bei Ihrer Krankenkasse, schriftlich oder digital (je nach Anbieter).
Ab 2025 gehört die ePA damit zum digitalen Standard der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie ist nicht mehr optional, sondern wird Teil der Grundversorgung – außer Sie widersprechen ausdrücklich.
🌟 Welche Vorteile bietet die ePA, wenn ich sie aktiv nutze?
Auch wenn die ePA bei gesetzlich Versicherten standardmäßig eingerichtet wird, kann sie – bewusst eingesetzt – zu spürbaren Verbesserungen in der medizinischen Versorgung führen. Die Nutzung bietet echte Chancen:
- Schnellerer Informationsfluss zwischen Ärzt*innen
Befunde, Diagnosen oder Medikationsdaten müssen nicht mehr manuell übertragen oder ausgedruckt mitgebracht werden. Behandelnde Praxen können schneller auf relevante Informationen zugreifen – mit Ihrer Freigabe. - Weniger Doppeluntersuchungen
Wenn z. B. Laborwerte, Röntgenbilder oder Facharztberichte bereits vorliegen, lassen sich unnötige Wiederholungen vermeiden. - Mehr Überblick über die eigene Gesundheit
In der ePA können Sie Ihre Diagnosen, Impfungen, Medikationspläne oder Arztbriefe an einem Ort einsehen – besonders hilfreich bei chronischen Erkrankungen oder im Pflegefall. - Notfalldaten und Vertretungszugang
Mit Ihrer Zustimmung können bestimmte Notfalldaten gespeichert werden. Zudem können Sie nahestehende Personen als Vertreter berechtigen, z. B. bei eingeschränkter Handlungsfähigkeit. - Mehr Sicherheit bei Medikamenten
Ärzt*innen können mit Blick auf Ihre hinterlegte Medikation Wechselwirkungen besser erkennen und vermeiden.
Diese Vorteile entfalten sich jedoch nur dann, wenn Sie die ePA aktiv nutzen, Zugriff freigeben und idealerweise die App Ihrer Krankenkasse kennen und verwenden. Die ePA ist kein Selbstläufer – aber ein Werkzeug, das die Versorgung verbessern kann, wenn man es sinnvoll einsetzt.
🔐 Zugriff durch Ärztinnen und Ärzte – nur mit aktiver Freigabe
Auch wenn die ePA automatisch angelegt wird, dürfen Ärztinnen und Ärzte nicht automatisch auf Ihre Inhalte zugreifen. Für jeden Zugriff ist eine aktive Freigabe durch Sie als Patient*in erforderlich – zum Beispiel durch:
- Eingabe Ihrer PIN in der Arztpraxis,
- Freigabe über die ePA-App Ihrer Krankenkasse,
- oder ein technisches Berechtigungssystem in der Praxissoftware.
Sie können individuell entscheiden:
- Welche medizinische Einrichtung Zugriff erhält,
- für welchen Zeitraum,
- und auf welche konkreten Inhalte.
Diese Freigaben lassen sich jederzeit ändern oder vollständig entziehen.
🏥 Pflicht für Leistungserbringer – Was wird eingestellt?
Ab dem 1. Oktober 2025 sind Ärztinnen, Apotheken, Krankenhäuser und andere medizinische Leistungserbringer verpflichtet, relevante medizinische Dokumente in die ePA einzustellen – etwa:
- Arztbriefe und Befunde,
- Impf- und Medikationsdaten,
- Notfalldaten (sofern gewünscht),
- Informationen zu Diagnosen und Therapieplänen.
Für Versicherte gilt: Sie müssen keine eigenen Inhalte hinzufügen, können dies aber auf Wunsch tun – z. B. über die App. Auch Dokumente aus privaten Behandlungen oder frühere Befunde lassen sich hochladen.
⚠️ Datenschutz und Kontrolle – Anspruch versus Realität
Offiziell behalten Sie als Versicherte*r die volle Kontrolle über Ihre ePA:
- Sie bestimmen, wer Zugriff erhält.
- Sie können Dokumente löschen oder ausblenden.
- Sie sehen im Protokoll, wer wann zugegriffen hat.
In der Praxis zeigt sich aber: Viele Krankenkassen-Apps sind technisch noch nicht ausgereift. Manche Funktionen (z. B. differenzierte Freigabe einzelner Dokumente) sind eingeschränkt oder für Laien schwer bedienbar. Wer keine App nutzt, hat häufig nur über komplizierte Wege Zugang zur Verwaltung seiner ePA.
🧪 Nutzung für Forschung – Widerspruch erforderlich
Ein besonders sensibler Punkt: Ihre Daten aus der ePA dürfen pseudonymisiert für Forschungszwecke genutzt werden, etwa zur Verbesserung medizinischer Versorgung oder Entwicklung neuer Therapien – auch durch privatwirtschaftliche Institute und Unternehmen.
Diese Datennutzung erfolgt automatisch, wenn Sie nicht ausdrücklich widersprechen. Ein solcher Forschungs-Widerspruch ist nicht Teil der App, sondern muss separat über Ihre Krankenkasse oder über zentrale Ombudsstellen erklärt werden.
❗ Widerspruchsmöglichkeiten – Ihre Rechte im Überblick
Sie können sich gegen folgende Punkte aktiv entscheiden:
- ❌ Widerspruch gegen die Einrichtung der ePA insgesamt
- ❌ Widerspruch gegen den Zugriff durch bestimmte Ärzt*innen oder Einrichtungen
- ❌ Widerspruch gegen das Einstellen einzelner Daten (z. B. durch mündlichen Hinweis in der Praxis)
- ❌ Widerspruch gegen die Nutzung Ihrer ePA-Daten für Forschung (Forschungsdatenzentrum)
- ❌ Widerspruch gegen bestimmte Zusatzfunktionen wie die automatische Erstellung von Medikationsplänen
Jeder dieser Widersprüche muss separat und aktiv erklärt werden – teils über unterschiedliche Wege (App, schriftlich, Ombudsstelle).
✅ Fazit: Nutzungspflicht mit Einschränkungen – Kontrolle braucht aktives Handeln
Die elektronische Patientenakte (ePA) für gesetzlich Versicherte ist seit 2025 Standard – und wird ohne aktive Zustimmung eingerichtet. Zugriff und Nutzung sind rechtlich geregelt, aber nicht automatisch transparent oder leicht steuerbar. Die Möglichkeiten zur Kontrolle sind grundsätzlich vorhanden – aber sie müssen aktiv genutzt werden.
Wenn Sie keine ePA möchten oder nur in bestimmten Bereichen, ist es wichtig, sich rechtzeitig zu informieren und Ihre Widerspruchsmöglichkeiten wahrzunehmen.
Die ePA kann ein sinnvoller Baustein einer modernen, vernetzten Gesundheitsversorgung sein – aber sie braucht informierte und selbstbestimmte Versicherte, die wissen, wie sie ihre Rechte einsetzen.
📌 5 Dinge, die Sie als gesetzlich Versicherte*r zur ePA wissen sollten
- Die ePA wird automatisch eingerichtet – wenn Sie das nicht möchten, müssen Sie widersprechen.
- Ärzt*innen benötigen Ihre Freigabe, um auf Ihre ePA zuzugreifen.
- Sie können steuern, wer was sieht – aber nur, wenn Sie die App oder andere Zugangswege aktiv nutzen.
- Ihre Daten werden auch für Forschung verwendet – wenn Sie das nicht wollen, müssen Sie gesondert widersprechen.
- Kontrolle über Ihre ePA ist möglich – aber nicht bequem. Wer seine Rechte wahrnehmen möchte, muss sich aktiv kümmern.